Domian. Timeline. Mal wieder.
Irgendwann vor gefühlt ewigen Zeiten habe ich mich schon mal darüber aufgeregt. Hier.
Dem Hashtag #Domian folge ich auch weiterhin nicht. Ich twittere jedoch selbst unter dem Hashtag. Und sehe einiges in meiner Timeline. Und könnte brechen. Wirklich.
Gestern eine Anruferin. Seit 10 Jahren zusammen/verheiratet. Sex schon immer mies. Seit 3 Jahren gar nicht mehr. Mann schwer krank. Sie hormonell frustriert. Liebt ihren Mann aber und möchte ihn weder verlassen noch verletzen. Das genaue Alter weiß ich nicht mehr. Ende 30? Anfang 40? Auf jeden Fall noch ein ganzes Stück Leben vor sich.
Und sie sagt, dass sie überlegt fremd zu gehen. Und ich kann es verstehen.
Natürlich sollte Fremdgehen nicht die erste Wahl sein. Eigentlich sogar vermieden werden. Davor sollten Gespräche stehen. Die Suche nach einer Lösung. Gemeinsam. Klären wieso es so ist wie es ist, was man daran ändern kann, damit im Endeffekt beide glücklich sind. Und wenn es nicht geht, dann ist eine Trennung vllt. das sinnvollste.
Bei Twitter galt sie dann als egoistisch. Wie sie das ihrem kranken Mann antun könnte. Und ich denke mir: Meine Fresse, die Frau hat auch ein Recht auf ihr Leben! Sie hat die Hälfte noch vor sich! Und vor allem überlegt sie nur. Und tut nicht mal was. Sie sucht Lösungen. Idealerweise mit ihm. Und ist er nicht genauso egoistisch, wenn er sich nicht auf ein offenes Konzept einlässt? Einlassen kann? Weil er das nicht will? Ist das nicht auch engstirnig und Ich-bezogen? Und ja, offene Beziehung ist nicht für jeden etwas. Aber sollte man Menschen die man liebt nicht glücklich sehen wollen? Sollte man dann nicht sagen „Okay, wenn du an meiner Seite nicht glücklich wirst, dann geh!“ ?!?
Heute eine neue Anruferin. Diesmal Mann mit kranker Frau. Sie die Geliebte. Seit 7 Jahren. Und die Frau weiß Bescheid. Und es ist gut so. Alle sind damit zufrieden. Zwar nicht unproblematisch von Anfang an, aber nun sind alle mit ihrer Rolle einverstanden. So soll es sein!
Und was geht bei Twitter ab? Kommentare darüber wie krank und unnormal es ist. Was für ein „Bastard“ er und was für eine „Schlampe“ sie ist… Ich könnte brechen. Die Leute haben das frei gewählt. Es ist deren Entscheidung. Und wenn sie so glücklich sind, dann sind sie das. Völlig unabhängig davon, ob ihr das mit eurem Minihorizont verstehen könnt.
Ich bezweifel, dass auch nur die Hälfte der Leute weiß wie es ist eine Beziehung zu führen, die so mies läuft. Oder wie es ist mit einem kranken Mann zusammen zu sein, der vor sich hin vegetiert oder vegetieren wird und irgendwann stirbt. Und ja, ich bin ihm dankbar, dass er damals sagte „Ich will das nicht an deiner Seite tun. Ich will alleine sterben. Du sollst glücklich sein.“
Das Leben ist nicht immer schwarz/weiß.
allemeineleidenschaften sagte:
meine Devise ist: solange alles freiwillig ist und niemand einem anderen weh tut, sollte jeder so leben wie er mag. Manchmal ist es halt sinnvoll, auch etwas heimlich zu tun um einen anderen Menschen zu schützen.
Ein Urteil würde ich mir niemals erlauben, solange ich die Einzelheiten nicht kenne, denn es gibt immer 2 Seiten auf einer Medaille. Stimmt’s?
Ein lieber Gruß an dich, hab deinen Blog gerade entdeckt und werd mich mal langsam „durchfräsen“ hier 😉
Suse
livsglaedjen sagte:
Hallo 🙂
Ich denke auch, dass den Beziehungskonzepten und Neigungen etc. keine Grenzen gesetzt sind, solange es legal bleibt und niemand zu Schaden kommt. Ich halte wenig von Lügen. Ich bin dafür, dass man in Gesprächen Lösungen findet mit denen alle zufrieden sind. Wenn das nicht möglich ist sollte man sich trennen. Aber ich finde es sollte niemand sein Leben aufgeben, oder unglücklich sein müssen, weil andere Person nicht über ihren Schatten springen kann. In sehr wenigen Ausnahmefällen halte ich „betrügen“ für eine Option. Wenn die Wahrheit sagen mehr Schaden anrichten würde und der Zeitraum relativ überschaubar ist. In dem einen Fall wäre es ja denkbar, dass er glücklich stirbt, weil sie das die kurze Zeit über verbergen kann. 🙂
In dem anderen Fall hat jeder verschiedene Optionen.
Übernimm dich nicht… Ist viel 😀
stellinchen sagte:
Oooh ja!
Solche Moralapostel hab ich ja auch gefressen, wer weiß was die machen. Ich mag keine Leute, die über andere urteilen *hmpf*
livsglaedjen sagte:
Selbst wenn sie nichts machen… vergiften sie irgendwie das Klima…
Sven sagte:
Ich kann dir nur empfehlen, die Tweets auf Twitter über Domian nicht all zu ernst zu nehmen. Für viele ist es auch eine Art Selbstschutz so zu schreiben, wie sie schreiben, weil die Geschichten die zum Teil bei Domian erzählt werden, schon ziemlich hart sind. Viele, die sich bei Twitter über die Anrufer lustig machen, empfinden schon Mitleid mit den Menschen, die dort anrufen. Das Problem ist nur, dass man, wenn man sich nicht irgendwie schützt, schnell dadurch in Depressionen abrutschen kann und das will wahrscheinlich keiner.
Die erste Anruferin habe ich auch gehört und ich bin ehrlich, ich wüsste nicht wie ich in dieser Situation reagieren würde. Würde ich als Mann wirklich die Größe besitzen, meine große Liebe freizugeben und am Ende alleine und einsam zu sterben? Oder würde ich mich da nicht auch versuchen festzuhalten? Sicher ist es auch für die Frau schwer, aber sie wird wohl bald frei sein, kann man da, wenn man wirklich liebt, nicht noch ein wenig auf den Sex verzichten?
Es ist nicht einfach und einige Menschen haben halt für sich klare Antworten gefunden, die man dann auch respektieren muss, auch wenn sie einem selbst nicht gefallen.
livsglaedjen sagte:
Du meinst durch Abwertung der anderen schützt man sich selbst vor einer Depression? Sorry, aber dafür habe ich wenig Verständnis. Ist doch auch nur egoistisch. 😉 Wenn es einen so sehr mitnimmt, dann soll man es sich nicht mehr anschauen. Genauso wie mein Selbstschutz darin besteht mir den Hashtag nicht mehr anzusehen. Ich bekomme es nur in meiner direkten Timeline mit und habe auf Grund dieser Geschichte gestern auch jemanden entfolgt. Aus Selbstschutz, weil ich mich sonst aufgeregt hätte. Jedesmal. DAS ist Selbstschutz der niemanden verletzt. Mit mir selbst ausgemacht. Und ganz ehrlich? Vielen die so unglaublich abwertend schreiben wünsche ich, dass sie mal wissen wie es sich anfühlt diese Person zu sein. (Egal ob es jetzt um Sex, Krebs oder Depressionen geht) Und wenn es nur ein Tag ist. Danach würden sie das nicht mehr tun.
Du sagst es… es ist eine Frage seiner Größe. Hat er sie? In meinen Augen ist es Liebe, wenn man jemanden freigibt, den man nicht mehr glücklich machen kann. Kein zwanghaftes beieinander bleiben. Ich würde mich viel eher fragen: Kann ich mit der Schuld leben, dass die Frau an meiner Seite bis zu meinem Tod unglücklich war und möglicherweise erleichtert ist, wenn ich (endlich) sterbe?
Und die Frau hat doch 3 Jahre gewartet. Es ist doch nicht so als hätte sie 2 Tage nach dem Herzinfarkt gesagt „Los, ich brauch was zum ficken.“ Irgendwann kann man nicht mehr. Und vielleicht ist ihr Maß einfach voll.
Ich habe nichts dagegen, wenn jemand sagt „Ich finde das so nicht in Ordnung.“ Oder „Ich kann das so nicht.“ „In meinen Augen ist das keine Liebe.“ „Ich könnte eine solche Beziehung nicht führen.“ Das ist aber ein großer Unterschied zu „Das ist krank und pervers.“ Oder „Unnormal.“ „Ungesund.“ Etc. Mich stören nicht die unterschiedlichen Meinungen. Mich stört die Art und Weise wie sie dargeboten werden und mit welcher Unumstößlichkeit sie als DIE eine Wahrheit angesehen werden. Der eingeschränkte Horizont. Die Arroganz zu glauben, dass alles was der eigenen Wahrheit widerspricht falsch ist. Das stört mich.
Ich persönlich halte zum Beispiel von der Ehe nichts. Auch nicht von Familie und Kinder kriegen. Das wäre niemals eine Option für mich. Aber ich käme nicht mal im Traum auf die Idee zu sagen „Die spinnen doch alle. Ist doch irre was die da machen.“ 😉
Sven sagte:
[quote]Kann ich mit der Schuld leben, dass die Frau an meiner Seite bis zu meinem Tod unglücklich war und möglicherweise erleichtert ist, wenn ich (endlich) sterbe?[/quote]
Genau da liegt das Problem. Er muss mit dieser Schuld nicht mehr Leben, denn er wird bald sterben. Er macht sich keine Gedanken darüber, ob er da gerade irgendeine Schuld auf sich lädt oder nicht. Es ist tatsächlich so, dass die Frau sich hier Gedanken machen muss und notfalls muss sie ihren Mann eben verlassen. Das mag ihn umbringen, aber hier muss sie entscheiden, ob sie damit Leben kann, denn sie hat ihr Leben noch vor sich – er nicht, er weiß, dass er bald sterben wird. Das macht es für die Frau doppelt schwer und es ist gut möglich, dass sie daran verzweifeln wird, wenn sie keine Entscheidung treffen kann – oder wenn er nicht vorher stirbt.
Ich hatte noch nie eine Beziehung (soziale Phobie und ein paar Komplexe), aber für mich ist Treue auch sehr wichtig. Ich würde auch einen Schlussstrich erwarten, bevor sich meine Freundin/Frau einen neuen Sexpartner sucht. So ehrlich muss man dann eben sein, auch wenn es wehtut, auch wenn es dem anderen wehtut. Es geht ums eigene Leben und da kann man die Entscheidungen niemanden überlassen, nur sich selbst. Nur selbst weiß man, wieweit man etwas mitmachen kann, nur selbst weiß man, wenn einem die Kraft verlässt und nur selbst kann man am Ende die Entscheidung treffen.
Sicher wäre es einfacher, wenn der Mann sagen würde, dass er sie freigibt. Aber wenn der Mann das nicht kann, eben weil er Krank ist und sich daran klammert, dann muss die Entscheidung dennoch getroffen werden. Wenn die Liebe noch so stark ist, dass sie sich dafür entscheidet bei ihm zu bleiben, dann muss sie auch damit Leben, dass sie kein Sexleben hat. Ist das Verlangen stärker, dann muss sie sich trennen, egal ob er damit Leben kann oder nicht.
livsglaedjen sagte:
Mhm… weißt du… Vor der ersten Beziehung. Und vielleicht auch noch während der ersten 1, 2 oder 3 hat man ziemlich utopische Vorstellungen davon wie so etwas laufen sollte. Vielleicht sogar länger. Ich hab bis vor 1,5 Jahren gedacht, dass ich immer nur monogame Beziehungen führen möchte. Dann habe ich einen Mann geliebt mit dem der Sex richtig mies war. Und ich denke ich habe ihn wirklich geliebt. Und kann dir berichten, dass das nicht lange ausreicht. Und irgendwann die Liebe weniger wird, weil man trauriger wird, unglücklicher und irgendwann ist es dann vorbei mit der Liebe. Das war der Moment wo ich mir gesagt habe, dass das SO nicht mehr laufen soll. Entweder passt es, oder man muss Mittel und Wege finden. Und in meinen Augen ist eine Trennung eben nicht der einzige Weg.
Ich denke allerdings, dass gerade ein sterbender Mensch so viel Weitsicht haben sollte. Wie gesagt, in meinem Fall hatte er es. Und das ist ein wesentlich besserer Charakterzug als sich keine Gedanken zu machen.
nisiiiii sagte:
Jetzt muss ich schon suchen, wo ich dazwischen kommentieren kann…
Wollte jetzt erst das schreiben, was in der ersten Antwort schon steht oO
Die logischere Art von Selbstschutz wäre schlichtweg, sich das nicht anzuhören. Selbstschutz durch Angriff ist einfach nicht die beste Möglichkeit. Man darf gerne seine Meinung äußern, keine Frage. Aber muss man dafür andere beleidigen und niedermachen? Ich warte auf den Moment, wo sie selbst Akzeptanz erwarten und nur auf Abstoßung treffen.
Dann das nächste… Er muss sich keine Gedanken machen, weil er ja eh stirbt? Du… ich sterb auch irgendwann. Muss ich mir jetzt auch keine Gedanken mehr machen? Der gute todkranke Herr hat auch die letzten 3 Jahre noch gelebt. So schnell scheint das also nicht zu gehen. Das belastet den Partner natürlich erheblich!
Die Frau selbst wird mit größter Wahrscheinlichkeit länger leben. Und sie hat ja ein „Problem“. Oder als was man hormonelle Frustration nun beschreiben will. Ich würde dieses „Problem“ auch niemals herunter spielen. Also ich glaube, mir würde es auch schwer fallen, wenn zwischen meinem (zwar todkranken) Mann und mir nichts mehr laufen würde (Achtung, fiktiv!!!).
Was du aber vielleicht noch nicht erkannt hast, Sven… Es geht hier um ihre körperlichen Bedürfnisse. Nicht um ihre emotionalen Bedürfnisse. Ich hab die Sendung zwar nicht gehört, aber ich denke nicht, dass es darum geht, ihn zu ersetzen. Nur um das Stillen der körperlichen Bedürfnisse. Also Sex ohne Gefühle. Auch so was gibt es und das ist okay so. Die einzige Frage ist also: Kann sie das offen mit ihrem Mann klären und stellt er es ihr frei, ihre körperlichen Bedürfnisse zu stillen, die er ja nicht mehr stillen KANN(!!!)? Hängt ja nicht damit zusammen, dass einer der beiden es nicht will. Es geht ja de facto nicht mehr! Von daher denke ich schon, dass ihr Wunsch legitim ist, ihre Bedürfnisse anderweitig zu stillen. Wenn er allerdings partout dagegen ist, macht er es ihr schwer. Und das ist nicht damit zu entschuldigen, dass er mit keiner Schuld leben müsste, weil seine Lebenserwartung begrenzt ist. Also ich hoffe jedenfalls für die Frau, dass sie das mit ihrem Mann zugunsten ihrer Bedürfnisse klären kann.
Ja… das ist alles nicht nur schwarz und weiß. So oft spielt sich alles in den Grautönen ab. Und das ist definitiv so ein Fall, wenn man das mal konservativ betrachtet.
livsglaedjen sagte:
!
blackeyedphoenix sagte:
Ich schaue es ja auch fast jeden Abend. Auch ich muss bei einigen Anrufern schmunzeln, aber im Wesentlichen gebe ich dir recht.
livsglaedjen sagte:
Natürlich schmunzelt man manchmal. Das Stottern gestern fand ich höchst anstrengend. Ich hab mir auch gedacht „Genau richtig für ne Radiosendung.“ Aber eben auch „Was ne mutige Frau!“. Selbstverständlich frage ich mich auch bei vielen Leuten wann sie endlich zum Punkt kommen, oder wieso sie überhaupt anrufen… und natürlich gibt es auch echte Vollidioten… Aber in so Fällen verstehe ich die Reaktionen einfach nicht… will sie nicht verstehen.
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